Der als Dichter bekannte Kurt Neuburger (1902–1996) war zugleich ein Allroundtalent, arbeitete auch als Dramaturg, Regisseur, Schauspieler und gab von 1924 bis 1925 die Schwulenzeitschrift „Die Fanfare“ heraus. In der Nazizeit hatte er am Theater Berufsverbot und arbeitete stattdessen als Conferencier für Unterhaltungsorchester. Nach 1945 spielte er eine wichtige Rolle im Kultur- und Kunstleben des Berliner Bezirks Kreuzberg und hatte intensiven Kontakt zu den Kreuzberger Künstlerkreisen.
Neuburgers umfangreicher Nachlass wird nun in einem umfangreichen Rechercheprojekt von Michael Dewey in Archiven gesichtet und beschrieben. Durch Gespräche mit Zeitgenossen und Wegbegleitern soll das Bild vom Leben und Werk des Künstlers ergänzt werden.
Gefördert aus Mitteln der hms Hannchen-Mehrzweck-Stiftung
schwul-lesbische Stiftung für queere Bewegungen.
Dienstag, 1. November 2016, 19:00 Uhr
Kurt Neuburger (1. November 1902 – 30. März 1996) war ein Kreuzberger Dichter. Er wuchs in Rostock auf, machte dort eine Bühnenausbildung und arbeitete zunächst als Dramaturg, Regisseur und
Schauspieler an Theatern in Lübeck, Breslau und Berlin. Von 1924 – 1925 gab er in Berlin die Schwulenzeitschrift „Die Fanfare“ heraus. In der Nazizeit wich er auf eine Tätigkeit als Conferencier
in Unterhaltungsorchestern aus. Nach Kriegsende war er kurze Zeit einer der ersten Kulturamtsleiter in Kreuzberg.
Neuburgers eigentliche Leidenschaft galt aber von Anfang an dem literarischen Wort. Schon zu Beginn der 1920er Jahre gab er seinen ersten Lyrikband heraus. Nach 1945 lebte er als freier
Schriftsteller in Kreuzberg. Kurt Neuburger verfasste Erzählungen, Romane, Stücke und Gedichte und kreierte eine neue Lyrikform, die er „Ritning“ nannte. Sein umfangreiches, zu einem großen Teil
ungedrucktes Œuvre lagert heute im Deutschen Literaturarchiv Marbach.
Kurt Neuburger hatte enge Kontakte zur „Kreuzberger Boheme“ und war mit Günter Bruno Fuchs und Robert Wolfgang Schnell befreundet. In den 1960er Jahren gründete er in seiner Wohnung in der
Solmsstraße 40 die „Literarische Werkstatt Kreuzberg“, die er auch „Turnhalle für Dichtkunst“ nannte. Auf diese Weise bot er jungen Kreuzberger Künstlern (unter ihnen Peter J. Fabich, Roland
Neumann, Aldona Gustas, Norbert Moisa, Ulrich Goerdten) eine Möglichkeit, ihre literarischen Werke vorzustellen und zu diskutieren.
An seinem 114. Geburtstag wollen wir an Kurt Neuburger erinnern und mit einigen, die damals bei der Literarischen Werkstatt Kreuzberg dabei waren, sprechen. Dazu zeigen wir Fotos, Plakate und
Filmaufnahmen von Kurt Neuburger und hören einige seiner Texte.
Mit Peter J. Fabich, Roland Neumann, Norbert Moisa, Ulrich Goerdten
Moderation: Michael Dewey
Die Recherche zum Projekt wurde ermöglicht durch die hms Hannchen-Mehrzweck-Stiftung.